Solidarisches Grundeinkommen für Langzeitarbeitslose Hartz IV-Debatte: Handwerk warnt vor Wettbewerbsdruck

Staatlich finanzierte Arbeit soll Hartz IV ablösen. Handwerk und Arbeitgeber rebellieren. Was dahinter steckt.

Karin Birk

Die Debatte um das solidarische Grundeinkomen reißt nicht ab. Das Handwerk sieht den Vorstoß der SPD kritisch. - © Thomas Reimer - stock.adobe.com

Das Handwerk hält nichts vom sogenannten solidarischen Grundeinkommen für staatlich finanzierte Arbeitsplätze. "In Zeiten, in denen die Wirtschaft händeringend nicht nur gut ausgebildete Fachkräfte, sondern auch Arbeitnehmer auf Helferniveau sucht, ist das Konzept des solidarischen Grundeinkommens aus unserer Sicht ein Irrweg", sagte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke zum Vorschlag verschiedener SPD-Politiker. Im Zuge eines solidarischen Grundeinkommens würden wahrscheinlich staatlich finanzierte Jobs entstehen, die gewerbliche Leistungen zu Dumpinglöhnen an den Markt brächten. "Damit verbunden ist die große Gefahr, im Wettbewerb stehende Handwerksbetriebe zu verdrängen, und damit auch reguläre Arbeitsplätze zu gefährden", warnte er.

Hintergrund der Debatte ist ein Vorschlag des Berliner Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD). Er forderte zunächst für bis zu 150.000 Langzeitarbeitslose staatlich finanzierte Arbeit. Damit sollten Menschen in Arbeit gebracht werden, statt die Arbeitslosigkeit zu verwalten. Die Arbeit sollte in Höhe des Mindestlohns bezahlt und sozialversicherungspflichtig sein. Zustimmung erhält Müller von Ex-Ifo-Chef Hans-Werner Sinn, der im Interview mit der Augsburger Allgemeinen den SPD-Vorstoß lobte. Kommunalen Jobs seien gut für den Staat und die Betroffenen, sagte Sinn. Viele Leute könnten sich damit nicht mehr auf Hartz IV ausruhen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bezeichnete den Vorschlag seines Parteikollegen Müller als "wertvollen Debattenbeitrag." Heil will sich derweil zuerst einmal um den im Koalitionsvertrag vereinbarten sozialen Arbeitsmarkt kümmern. "Bis zum Sommer soll ein entsprechendes Gesetz verabschiedet werden", heißt es im Bundesarbeitsministerium.

Vier Milliarden Euro für Arbeitsmarktreformen

Ziel des Gesetzes sei, rund 150.000 schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen. Sie sollen gesellschaftlich sinnvolle Aufgaben in der Freien Wirtschaft, bei Wohlfahrtsverbänden und in Kommunen übernehmen. Damit das gelingt, sollen sie nicht nur speziell gecoacht werden. Ihr Gehalt soll auch bis zu fünf Jahre bezuschusst werden, wobei die Zuschüsse über die Jahre abnehmen sollen. Im Koalitionsvertrag sind dafür über die gesamte Legislaturperiode rund vier Milliarden Euro eingeplant.

Beim geplanten sozialen Arbeitsmarkt kommt es für ZDH-Generalsekretär Schwannecke entscheidend darauf an, die "Einhaltung der Kriterien der Zusätzlichkeit, des öffentlichen Interesses und der Wettbewerbsneutralität" streng einzuhalten. Zudem müssten die Träger öffentlich geförderter Beschäftigung "einer permanenten und strengen Evaluierung ihrer Maßnahmen unterzogen werden", forderte er. Die Integration von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt sei eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe. "Die öffentlich geförderte Beschäftigung kann dazu beitragen", sagte er. Sie dürfe aber ich zu einer Gefahr für bestehende Arbeitsplätze werden.

Der Zentralverband verweist in diesem Zusammenhang auf eine Positivliste. In ihr werden aufgeführt, welche geförderten Tätigkeiten für die Wirtschaft unproblematisch sind und welche aus ihrer Sicht nicht gehen. So hat das Handwerk beispielsweise nichts gegen die Unterstützung von Senioren beim Einkaufen oder bei Arztbesuchen, Kleinreparaturen in privaten Haushalten lehnt es dagegen ebenso ab wie etwa geförderten Wartungs-, Instandhaltungs-, Reparatur- oder Reinigungsarbeiten an Gebäuden.

Keine Arbeitsmarktpolitik wie in den 90ern

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, kennt die Bedenken der Wirtschaft. Gleichwohl unterstützt er die Idee des "sozialen Arbeitsmarktes" für einen "kleinen Teil" der rund 850.000 Langzeitarbeitslosen, wie er im Interview mit der Deutschen Handwerkszeitung sagt. Auch er hat bis zu 150.000 Menschen im Blick. "Teilweise ohne Ausbildung, gesundheitlich eingeschränkt und teilweise auch schon älter." Unmissverständlich machte er aber auch klar, dass er von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wie in den 90er Jahren nichts halte.

Auch der CDU-Sozialexperte Kai Whittaker warnt in einem Standpunkt für die DHZ davor, die Arbeitsmarktpolitik des vergangenen Jahrhunderts zurückzufallen, vielmehr müssten Menschen gezielt gefördert werden. Darüber hinaus hätten mehr als die Hälfte der Langzeitarbeitslosen keine abgeschlossene Schulausbildung, gab er zu bedenken. ZDH-Generalsekretär Schwannecke wies indessen darauf hin, dass das Handwerk nicht nur Langzeitarbeitslose erfolgreich qualifiziere und sich um junge Menschen aus sozial schwierigen Verhältnissen kümmere. "Mit seinem umfänglichen Ausbildungsengagement trägt das Handwerk maßgeblich dazu bei, dass Arbeitslosigkeit erst gar nicht entsteht", betonte er.