Liquiditätsmanagement Wie Mittelständler liquide bleiben ohne draufzuzahlen

Viele Mittelständler verfügen auf ihren Hausbanken über Guthaben, für das sie zum Teil Strafzinsen zahlen müssen. Sie sollten ihr Liquiditätsmanagement daher neu ausrichten. Wie viel Geld tatsächlich greifbar sein sollte und wie das Vermögen richtig angelegt wird.

Gastautor Dr. Tobias Spies

Liquiditätsmanagement: Je nach Bedarf gibt es unterschiedliche Strategien. - © ????? ??????? - stock.adobe.com

Die Liquiditätsplanung und ein effektives Cash-Management gehören zu den wichtigsten unternehmerischen Stellschrauben im operativen Management. Nur wer jederzeit liquide, also zahlungsfähig ist, kann überleben. Deshalb ist eine sorgfältige und regelmäßig auf dem neusten Stand gehaltene Liquiditätsplanung für jeden Unternehmer Pflicht.

Während sich in Großkonzernen spezialisierte Treasury-Abteilungen mit diesen Themen beschäftigen, ist dies für viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine komplexe Aufgabenstellung. Neben der professionellen Steuerung der Zahlungsströme oder der Optimierung des Inkassos und der Debitorenforderungen müssen sie auch die finanziellen Mittel der Firma optimal bewirtschaften und die vorhandene Liquidität möglichst zinsoptimal anlegen.

Die Niedrigzinspolitik der EZB hat diese ohnehin schon anspruchsvolle Aufgabenstellung nochmals verschärft. Laut einer Studie der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Zusammenarbeit mit der Commerzbank sind mehr als 50 Prozent aller kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland auf der Suche nach einer attraktiveren Geldanlage. Im Schnitt verfügen diese Mittelständler über 4,7 Millionen Euro, die gut verzinst angelegt werden sollen.

So viele liquide Mittel braucht ein mittelständisches Unternehmen wirklich

Je nach Zeithorizont sollte ein erfolgreiches Management der liquiden Mittel auf mehreren Säulen aufgebaut werden. Als erste Faustregel gilt: Mehr als die benötigte Summe für die täglichen Geschäfte plus einem Sicherheitspuffer von maximal 50 Prozent muss auf dem Firmenkonto nicht liegen. Zudem sollte dieses Guthaben, sofern praktikabel, auf mehrere Banken verteilt werden.

Geld, das der Betrieb in sechs Monaten bis einem Jahr benötigt, sollte so risikoarm wie möglich angelegt werden. Dafür kommen im aktuellen Umfeld Floater von guten Unternehmen in Frage. Diese bringen zwar fast keine Verzinsung, umgehen aber die Strafzinsen. Beim Management des mittelfristigen Finanzbedarfs sollten andere Akzente gesetzt werden. Hier sollte der Fokus auf Unternehmensanleihen mit guter Bonität und einer Restlaufzeit von maximal fünf Jahren gelegt werden.

Alternativen mit mehr Risiko

Ein etwas größeres Risiko können Mittelständler mit Rücklagen eingehen, die über mehrere Jahre für keinen bestimmten Zweck benötigt werden. Diese Gelder bieten sich für einen vermögensverwaltenden Ansatz an. Um Anleihen zu finden, bei welchen mittel- bis langfristig attraktive Renditen zu erwarten sind, und zwar unabhängig von möglichen Zinsentwicklungen, den Entscheidungen der Notenbanken oder Veränderungen bei Bonitätseinstufungen, bietet sich ein konsequentes Bond-Picking an. Hier ist es zudem wichtig, die Regulatorik vonseiten der Ratingagenturen bzw. der Aufsichtsbehörden genau zu verfolgen. Nur so lässt sich einschätzen, wie sich veränderte Rahmenbedingungen auf einzelne Titel auswirken.

Im Rahmen dieser Strategie sollte also nicht in der Hoffnung investiert werden, dass auf breiter Front die Rentenkurse steigen, wenn die Renditen fallen oder die Risikospreads sich einengen. Stattdessen gilt die Konzentration darauf, Anleihen zu finden, bei welchen unabhängig von der Großwetterlage mittel- bis langfristig eine attraktive Rendite zu erwarten ist.

Liquiditätsmanagement: Welche Aktien Sinn machen

Neben diesen ausgesuchten Spezialitäten im Rentenbereich können in diesem vermögensverwaltenden Ansatz auch Aktien eine Schlüsselrolle spielen. Interessant sind hier Anteilsscheine von Unternehmen, die aufgrund ihres "strukturellen Wachstums" überzeugen. Solche Gesellschaften zeigen seit Jahren eine große Innovationskraft, starke Wachstumsraten und hohe Marktanteile in strukturell wachsenden (Nischen-)Märkten. Dazu zählen häufig bilanzstarke Weltmarktführer, deren Produkte auch in Zukunft gefragt sein werden. Solche Konzerne dürften ihren Wert über Jahre hinaus bewahren. Ein weiteres Argument für Aktien ist die Dividende. Viele Unternehmen halten zum Teil seit Jahrzehnten ihre jährliche Dividende stabil oder steigern sie sogar.

Keine starre Portfolioaufteilung

Die Frage, wie eine angemessene Portfoliostruktur konkret aussehen sollte, lässt sich pauschal schwer beantworten. Für einen Unternehmer, der sein Vermögen relativ stark in Immobilien angelegt hat, wären Immobilienaktien beispielsweise ein zu großes Klumpenrisiko. Zudem ändern sich die Anforderungen an eine Portfoliostruktur regelmäßig. Sind bestimmte Zielrenditen frühzeitig erreicht, sollte das Portfolio mehr auf Renditeerhalt ausgerichtet werden. Hinzu kommt: In den momentan verzerrten Märkten, hervorgerufen durch die drastischen Maßnahmen der Notenbanken, ist ein aktives Portfoliomanagement wichtiger denn je. Nur so lassen sich plötzlich aufkeimende Risiken gut beherrschen. Eine starre Portfolioaufteilung ist nicht ratsam.

Konkret könnte das frei verfügbare Kapital in einen eigenen, vermögensverwaltenden Spezialfonds fließen, der sich am Bedarf des Unternehmers orientiert und vom Vermögensverwalter aktiv gemanagt wird. Im Vorfeld müssen sich beide Seiten auf die Anlagerichtlinien des Fonds verständigen, die dann auch einzuhalten sind.

Alternative zum Spezialfonds: Managed Account

Als Alternative bietet sich ein Managed Account an, also ein Investment-Konto, das ebenfalls nach den Bedürfnissen des Mittelständlers geführt wird. Der Vorteil ist, dass der Vermögensverwalter hier individueller agieren kann und nicht so stark an die einmal festgelegten Anlagerichtlinien eines Spezialfonds gebunden ist. Sind in diesen beispielsweise Rohstoffinvestments ausgeschlossen, ist es einem Vermögensverwalter unmöglich, Gold in den Spezialfonds zu kaufen – auch wenn dies das Gebot der Stunde wäre. Erst nach Änderungen der Anlagerichtlinien, die kompliziert und langwierig sind, wäre dies möglich. Bei Managed Accounts fallen solche rechtlichen Hürden nicht an. Sie sind deutlich weniger bürokratisch und aufwändig.