Gewährleistung und Arbeitssicherheit Eigenleistung: Wenn der Bauherr mitarbeiten will

Um die Kosten für Handwerksleistungen niedrig zu halten, möchte manch ein Bauherr mitarbeiten. Mit guter Organisation kann durchaus auch der Handwerker von dem Deal profitieren. Doch wer haftet dann für das Werk? Und was gilt, wenn es zu einem Unfall auf der Baustelle kommt?

Barbara Oberst und Jana Tashina Wörrle

Hartmut Raff lässt Kunden mitarbeiten, aber das Ergebnis ihrer Arbeit überlässt er nicht dem Zufall. Schwarz auf weiß malt er ihnen auf, was sie tun können. - © KD Busch

Schlitze schlagen ist nicht jedermanns Sache. "Wer es nicht kann und merkt, wie anstrengend es ist und wie lange es dauert, gibt von allein wieder auf", sagt Hartmut Raff und lacht. Der Elektrikermeister aus Echterdingen bei Stuttgart gesteht seinen Kunden Eigenleistungen gerne zu – auch Steckdosen und ganze Leitungen verlegen. Die komplizierten Aufgaben und die Installation der technischen Geräte übernimmt er aber immer selbst. Am Ende führt er eine Messung aller Installationen durch und sieht, falls etwas nicht funktioniert. Dann kann er bedenkenlos die Gewährleistung für das Gesamtwerk übernehmen.

Der 52-Jährige weiß, was er will. Nach dem Hauptschulabschluss machte er die Ausbildung zum Elektriker, dann den Meister, später den Betriebswirt des Handwerks und schließlich den Bachelor of Business Administration. Seinen Kunden gesteht er Eigenleistungen gerne zu – die Spielregeln bestimmt aber er.

Die Erfahrung von Hartmut Raff zeigt, dass es vor allem junge Leute sind, die sich ein Eigenheim gekauft haben und dann Geld sparen wollen, wenn sie Teile der anfallenden Arbeiten selbst übernehmen. Und das ist angesichts des aktuellen Bau- und Sanierungsboom häufig. Auch im Internet findet man derzeit nicht wenige Anzeigen von Handwerkern im Bau- und Ausbaugewerbe, die in ihrem Portfolio erwähnen, dass die Integration von Eigenleistungen durchaus möglich ist.

Bauherr arbeitet mit: Wer haftet für die Leistungen und das Werk?

Auch der Fachanwalt für Baurecht Philipp Scharfenberg rät zu klaren Festlegungen, wenn es um die Mitarbeit von Handwerkskunden geht. Obwohl ein Handwerker grundsätzlich nur für die von ihm selbst ausgeführten Leistungen – also sein Werk – haftet, können Probleme auftreten, wenn der Handwerker seine Leistungen auf die des Bauherrn aufbaut. "Erbringt der Bauherr die Eigenleistung mangelhaft und führt dies dann dazu, dass deshalb auch die Leistung des Handwerkers Fehler aufweist, haftet der Handwerker", sagt Scharfenberg und weist auf die Untersuchungs- und Hinweispflicht gegenüber dem Bauherrn hin. Als Beispiel für einen solchen Fall nennt er etwa Risse im Putz, die auf einer mangelhaften Grundierung durch den Bauherrn beruhen.

Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Handwerker die Mängel an der Eigenleistung des Bauherrn nicht erkennen konnte oder er den Bauherrn auf die Mängel bzw. Bedenken gegen die Eigenleistung hingewiesen hat – der sogenannte Bedenkenhinweis.

Aber kann oder sollte man deshalb bestimmte Teile eines Werkes von der Gewährleistung ausschließen? "Grundsätzlich kann der Handwerker einzelne Teile von der Gewährleistung ausschließen, wenn er dies mit dem Bauherrn individuell, also nicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen, vereinbart", erklärt der Baurechtsexperte. Dies werde aber meist die Ausnahme sein. Zudem wird der Handwerker aber auch insoweit von Mängelansprüchen befreit, wie er berechtigterweise auf die Bedenken an den Eigenleistungen des Bauherrn hingewiesen hat, er also seiner Untersuchungs- und Hinweispflicht gegenüber dem Bauherrn nachkam.

Philipp Scharfenberg rät Handwerkern, die ihre Kunden mitarbeiten lassen, deshalb dazu, stets die Eigenleistung des Bauherrn und auch das Material, falls der Bauherr es selbstständig besorgt, sorgfältig zu überprüfen bevor er seine Leistungen darauf aufbaut. "Soweit er Bedenken gegen die Leistungen oder das Material des Bauherrn hat, hat er dies unverzüglich dem Bauherrn und nicht nur etwa dem vom Bauherrn beauftragten Architekt mitzuteilen und soweit möglich zu begründen." Aus Nachweisgründen sollte er dies stets schriftlich tun und sorgfältig dokumentieren.

Doch es gibt einige Punkte, auf die Unternehmer achten müssen, wenn eine solche Zusammenarbeit mit dem Kunden reibungslos funktionieren soll. Das fängt bei der Auswahl der Arbeiten an. "Nicht alles ist sinnvoll", warnt Christa Muschert, Betriebsberaterin bei der Handwerkskammer Region Stuttgart.

Eigenleistung von Kunden: Zeit und Geld sparen

Zwei Vorteile habe der Unternehmer, wenn er Eigenleistungen des Kunden einplane. Zunächst könne er Zeit sparen. Kunden übernehmen vor allem einfache, aber zeitintensive Arbeiten. Schlitze schlagen, wie bei Elektro Raff, zählt dazu, in anderen Gewerken können es Vorarbeiten wie Türpfosten aushebeln oder schlichte Aufräumarbeiten sein. Übernimmt der Kunde diese Posten, hat der Unternehmer mehr Zeit für anspruchsvolle Arbeiten und kann mehr Aufträge übernehmen.

Der zweite Vorteil zeigt sich im Preis. Klammert der Unternehmer die zeitintensiven Arbeiten aus, spart der Bauherr Geld. Zudem gibt er dem Kunden das gute Gefühl, etwas am eigenen Heim selbst gemacht zu haben. "Da geht es auch um einen psychologischen Effekt", beobachtet Hartmut Raff. Er bekommt immer wieder mit, wie stolz die Kunden sind, wenn sie sagen können, dass sie die Leistung selbst erbracht haben – mit etwas Hilfe des Fachbetriebs. "Kunde ist stolz und empfiehlt weiter", sagt der Elektromeister.

Eigenleistung: Klare Absprachen wichtig 

Damit die Zusammenarbeit funktioniert, muss der Unternehmer für klare Absprachen sorgen. In seinem Angebot hält er detailliert fest, welche Arbeiten er erledigt und welche der Kunde. Am besten fügt er hierzu einen separaten Teil an.

Sofern der Baustellenfortschritt von den Eigenleistungen des Kunden abhängt, sollten schon im Angebot Termine festgehalten sein beziehungsweise eine Klausel, dass der Unternehmer nicht für Verzögerungen haftet, wenn sie der Kunde zu verantworten hat.

"Auch die Fragen nach Haftung und Gewährleistung sollten die Parteien vertraglich festhalten", empfiehlt Christa Muschert. Was passiert, wenn der Kunde aus Versehen eine Leitung anbohrt? Wer ist verantwortlich, wenn sich der Kunde bei den Arbeiten verletzt? Vor allem, wenn der Kunde selbst Unternehmer ist, sollten die Parteien schriftlich fixieren, dass die Eigenleistungen kein Subunternehmerverhältnis begründen.

Material kommt vom Handwerker 

Hartmut Raff hat für all diese Punkte praktikable Lösungen gefunden. Seine Vorgaben beginnen beim Material. "Das liefern wir", stellt der Unternehmer aus Leinfelden-Echterdingen klar. Dann weist er den Kunden sehr genau ein. "Wir zeichnen alles an und erklären, was von wo nach wo verlaufen soll." Dann darf der Kunde loslegen, aber Raff bleibt dicht an ihm dran. "Wir machen fortlaufende Kontrollen. So können wir die Gewährleistung bieten und im Notfall reingrätschen", sieht der 52-Jährige die Zusammenarbeit sportlich.

Wenn der Betrieb am Ende alles durchgemessen hat, unterschreibt Raff für das Objekt. Den Umgang mit den Kunden empfindet Raff als unkompliziert. "Der Kunde will ja die Hilfe. Und ob ich das einem Azubi erkläre oder dem Kunden, macht keinen Unterschied."

So, wie das Angebot bei Eigenleistungen des Kunden sehr detailliert sein sollte, muss auch die Rechnung diese Punkte aufgreifen. Wer nicht wie Raff die Gewährleistung für die Arbeiten seiner Kunden übernimmt, kann das an dieser Stelle klären, etwa so: "Der Kunde hat die Kabel selbst verlegt und trägt dafür sowie für mögliche Auswirkungen auf unsere Arbeiten Haftung und Gewährleistung."

Hartmut Raff hat mit den Eigenleistungen noch nie schlechte Erfahrungen gemacht, er nennt es eine Win-win-Situation: "Ich biete dem Kunden die Möglichkeit, selbst Hand anzulegen, und er hat eine vernünftige Installation, die vom Fachmann überprüft ist."

Eigenleistung am Bau: Das gilt bei der Arbeitssicherheit

Arbeitssicherheit ist auf dem Bau wichtig. Handwerker sind in der Regel über die Berufsgenossenschaft – der BG Bau – abgesichert. Doch was gilt dabei für einen Bauherrn, der auf der eigenen Baustelle mitarbeitet?

"Die Unterstützung des gewerblichen Unternehmers durch den Bauherrn dient wahrscheinlich dazu, das eigene Bauvorhaben zu beschleunigen und Kosten zu sparen. Die Handlungstendenz des Bauherrn ist daher eher auf sein eigenes Unternehmen, nämlich das Bauvorhaben – und nicht auf das fremde Unternehmen gerichtet", teilt dazu die BG Bau auf Anfrage mit. Damit sei der Bauherr nicht als Beschäftigter des Handwerksunternehmens anzusehen und als Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten vom gesetzlichen Versicherungsschutz ausgenommen.

Der Bauherr hat jedoch die Möglichkeit, sich bei der BG BAU freiwillig versichern zu lassen und dann auch von den Leistungen zu profitieren. Dazu reicht ein schriftlicher und ansonsten formloser Antrag des Bauherrn. Wer bereits eine private Unfallversicherung hat, sollte deren Leistungsumfang mit dem von der BG BAU angebotenen Schutz abgleichen.

Private Bauhelfer aus dem Freundeskreis, der Nachbarschaft oder der Familie müssen jedoch verpflichtend bei der BG Bau angemeldet werden.>>>