TV-Kritik: MDR-Magazin "exakt" über Barbier-Shops Barbiere ohne Meisterbrief: MDR testet mit versteckter Kamera

Barbier-Shops schießen landesweit wie Pilze aus dem Boden und bieten teils Dienstleistungen an, die eigentlich Friseuren mit Meisterbrief vorbehalten sind. Das MDR-Magazin "exakt" stellte einige Barbiere mit versteckter Kamera auf die Probe – das Ergebnis war ziemlich eindeutig.

Markus Riedl

Barbiere, die Haare oberhalb der Koteletten schneiden, müssen im Besitz eines Meisterbriefs sein oder zumindest einen Meister als Betriebsleiter angestellt haben. Das ist nicht immer der Fall. - © Hoda Bogdan - stock.adobe.com

Klare Frage, klare Antwort: "Haare schneiden, was würde das kosten?", fragt der MDR–Lockvogel den Mitarbeiter eines Barbier–Shops in Halle an der Saale. "Acht Euro", antwortet der – und macht sich ohne Umschweife ans Werk, schneidet die Haare des Kunden mit Maschine und Schere.

Was in einem Friseursalon – abgesehen vom erstaunlich niedrigen Preis – als normale Anbahnung eines Geschäfts durchgehen würde, hat in dem mit versteckter Kamera getesteten Barbier–Shop einen ernsteren Hintergrund. Denn eigentlich ist es verboten, Friseur–Dienstleistungen wie das Schneiden der Kopfhaare anzubieten, ohne im Besitz eines Meisterbriefs zu sein oder zumindest einen Meister, der dem Salon in Vollzeit zur Verfügung steht, als Betriebsleiter angestellt zu haben.

Das weiß der Inhaber des getesteten Shops offenbar auch. Denn nachdem die MDR–Reporterin den Laden später noch einmal betritt und den Barbier nach seinen Leistungen fragt, beantwortet der zunächst mit: "Nur Bart und Augenbrauen." Nachfrage: "Kopfhaar schneidet ihr gar nicht?" Antwort: Kopfschütteln. Und als die Reporterin die Schlinge etwas enger zieht und erwähnt, dass sie gesehen habe, dass in dem Laden eben doch auch Kopfhaar geschnitten wurde, lautet die lapidare Antwort: "Nur mit Maschine." Einen Meister, gibt der Mann schließlich zu, gebe es in dem Betrieb nicht. "Wir suchen, aber jetzt nicht", sagt er etwas kleinlaut, und dass er wisse, dass er nur bis zu den Koteletten schneiden dürfe. Die Bilder mit versteckter Kamera zeigen freilich das exakte Gegenteil.

Auch in vier weiteren vom MDR überprüften Barbier–Shops wurde für recht kleines Geld Kopfhaar geschnitten. Nur einer der Betriebe konnte einen Meisterbrief vorweisen, die anderen wussten aber durchaus ebenfalls, dass dieser eigentlich Voraussetzung für klassische Friseurleistungen ist. Und während einer das Ganze lieber ohne Bild und Ton besprechen wollte, gab ein anderer seine Verfehlung sogar vor laufender Kamera offen zu. Das Unrechtsbewusstsein in allen Fällen: eher gering.

"Ab der Kotelette aufwärts ist das eine Friseurleistung"

Klar, dass sich Dirk Neumann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle (Saale) über derlei Geschäftsgebaren ärgert. Auch für ihn ist die kleine Barthaarpartie über den Backen dabei entscheidend. "Ab der Kotelette aufwärts ist das keine Barbierleistung mehr, sondern eine Friseurleistung", bringt er seine Meinung klar auf den Punkt. "Die Rechtlage sagt: Wenn du keine Meisterprüfung im Friseurhandwerk hast, darfst du keine Friseurleistungen anbieten."

Der Hauptgeschäftsführer würde sich zudem von seiner Kommune, der Stadt Halle, mehr Kontrolle wünschen. "Es geht darum, das auch zu kontrollieren und dann auch durchzusetzen. Und das ist im Moment der Mangel", sagt Neumann. Darauf angesprochen, verweigerte die Kommune dem MDR zwar ein Interview vor der Kamera, ließ aber mitteilen, dass die widerrechtliche Ausübung des Friseurhandwerks in acht Betrieben festgestellt worden sei und diese Betriebe Ordnungswidrigkeitsanzeigen erhalten hätten. Genaueres, etwa wie dicht das Netz von Kontrollen solcher Betriebe ist, erfährt der Zuschauer nicht.

Friseurmeisterin beklagt unfairen Wettbewerb

Tiefere Einblicke, wie sich das Geschäft der Barbiere auf das Friseurhandwerk auswirkt, liefert der MDR mit dem Blick auf den Salon von Constanze Heinicke in der Innenstadt von Halle. Seit 17 Jahren Meisterin, seit zwölf Jahren mit eigenem Salon, kann sie sich mit dem Barbier–Boom überhaupt nicht anfreunden. "Ich finde es einfach nicht fair dafür, dass ich ewig auf der Schulbank sitze und die einfach ohne irgendwelche Maßnahmen einen Laden eröffnen können", kritisiert sie. Schließlich müsse für die Ausbildung ja auch viel Geld gezahlt werden.

In dieselbe Kerbe schlägt Soran Akram. Den Iraker hat die Meisterschule in Deutschland nach eigenen Angaben 11.000 Euro gekostet, und nicht nur deshalb ärgert ihn die Konkurrenz, die oft im orientalischen Flair für wenig Geld ihre Kunden eben nicht nur rasiert, sondern ihnen auch die Haare schneidet. "Ich bin in Deutschland, mache meine Prüfung in Deutschland, und dann muss ich auch die deutschen Regeln einhalten", sagt Akram. "Das ist hart, aber es ist richtig."

Das sagen Passanten zu Friseurleistungen ohne Meisterbrief

Und dass auch für eine kleine Umfrage vom MDR ausgewählte Passanten mehrheitlich für die geltende Rechtslage mit der Meisterpflicht sind, rundet das stimmige Bild ab, das der Beitrag vermittelt. "Ich denke, dass der Meisterbrief und die duale Ausbildung in Deutschland schon ein Garant dafür sind, dass wir eine gewisse Qualitätssicherung haben", sagt einer der Passanten. Die Barbiere, sie werden nicht nur von der Meister–Konkurrenz, sondern offenbar auch von den Menschen auf der Straße eher kritisch beäugt.

Dirk Neumann von der Handwerkskammer Halle obliegt dann auch das Schlusswort der Beitrags: Angesichts der Tatsache, dass die eingetragenen Betriebe erhebliche Beiträge in die Sozialversicherungen einzahlten, auf jeden Fall Mindestlohn zahlten und tarifliche Verpflichtungen hätten, sei man doch gehalten, "für Wettbewerbsgleichheit zu sorgen".