Energieeffizienzvorgaben zusammengefasst Gebäudeenergiegesetz: So effizient müssen Neubauten künftig sein

Energieverbrauch senken, stärker dämmen und mehr erneuerbare Energien integrieren: Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll die verschiedenen Vorgaben, die es derzeit für Neubauten gibt, zusammenführen. Verschärfte Neubaustandards sind nicht geplant. Kommen nun die Klimaziele in Gefahr?

Jana Tashina Wörrle

Das geplante Gebäudeenergiegesetz soll die energetischen Vorgaben für Neubauten in einem Regelwerk verbinden. - © Jürgen Fälchle/Fotolia.com

Was nun endlich beschlossen werden soll, hat großen Einfluss auf alle Neubauten, die künftig errichtet werden – auf Baukosten, den Klimaschutz und auch darauf, ob Deutschland die Vorgaben der EU einhalten kann. Schon seit langem wird über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) diskutiert, doch immer wieder wurde es verschoben. Jetzt liegt ein Regierungsentwurf vor, den die beiden federführenden Bundesministerien – das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und das Bundesinnenministerium (BMI) – gemeinsam abgestimmt haben. Das Bundeskabinett hat im Oktober 2019 zugestimmt. Nun geht das Gesetz in die Lesungen im Bundestag. Der Bundesrat muss nicht zustimmen.

Verschärfung der Energiesparvorgaben ausgeschlossen

Einer der Kernpunkte des Gesetzes ist die Festlegung auf eine Definition für sogenannte Niedrigstenergiegebäude. Eigentlich sollte diese schon zum Jahresbeginn 2019 für neu gebaute öffentliche Gebäude bestehen und Gültigkeit haben. Zumindest gibt das die EU-Gebäuderichtlinie vor. Ab 2021 greift sie für alle Gebäude – also auch jedes privat gebaute, neue Wohnhaus. War lange die Rede davon, dass sich die Bundesregierung dabei auf den sogenannten KfW-Standard 55 berufen und damit die Standards fürs Bauen verschärfen will, so ist dies nun voraussichtlich vom Tisch. Denn ohne Neudefinition greift 2019 bislang die aktuelle Energieeinsparverordnung (EnEV) aus dem Jahr 2016. Und dabei bleibt es auch - zumindest bis 2023, denn dann soll eine Überprüfung der Vorgaben stattfinden.

"Das aktuelle Anforderungsniveau für Neubauten und Sanierung bleibt unverändert und wird nicht verschärft", teilt das Bundesbauministerium nach dem Kabinettsbeschluss mit. Dieser enthält nämlich keine verschärften Vorgaben für die Standards, die beim Bauen zu erfüllen sind. Für öffentliche Gebäude heißt es lediglich, dass diese "eine Vorbildfunktion" hätten und entsprechend energieeffizient gebaut werden sollen. Zurückzuführen ist dies wohl auf die Festlegung der Bundesregierung im Koalitionsvertrag, in dem eine Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV) ausgeschlossen wird, um das Bauen nicht zu verteuern.

Das begrüßt der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), denn damit bleibt es bei den Vorgaben für Neubauten und den Gebäudebestand. Zum Neubau ist damit auch das Niedrigstenergiegebäude mit den Anforderungen, die seit 2016 in der EnEV festgeschrieben sind, definiert. Der KfW-Standard 55 hätte bedeutet, dass die Anforderung an den Primärenergiebedarf um weitere etwa 20 Prozent hätten sinken sollen – also nur noch bei einem Energieverbrauch von 55 Kilowattstunden (kWh) pro Quadratmeter (m²) und Jahr liegen darf.

Baukosten im Blick: Anforderungen an Neubauten bleiben

"Wir begrüßen, dass der Entwurf keine Verschärfung der Anforderungen für Neubauten und auch nicht für das Bauen im Bestand enthält und der Verordnungsgeber dies auch vor dem Hintergrund der Vermeidung steigender Baukosten, berücksichtigt hat. Somit bleibt die Förderung für den höheren energetischen Standard erhalten, was uns in diesem Zusammenhang wichtig ist", sagt Dieter Kuhlenkamp, der sich beim ZDB um den Schwerpunkt Energieeffizienz im Gebäudebereich kümmert. Steigende Baukosten durch zunehmend verschärfte Energieeffizienzvorgaben aber auch anderer Bereiche kritisiert die Bauwirtschaft schon seit längerem. "Mit der EnEV 2016 ist die wirtschaftliche Grenze erreicht, darüber hinaus bedarf es der Förderung und einer begleitenden Information, damit Bauen bezahlbar bleibt und die Bürger beim Klimaschutz mitgenommen werden", so der Energieeffizienzexperte. Die seit 1990 bis 2018 erreichte Senkung der Treibhausgase liegt bei 44 Prozent. Das Ziel der Energieeffizienzstrategie der Bundesregierung 2050 sind 55 Prozent bis 2030. Das zeigt Kuhlenkamp zufolge, dass eine Verschärfung der Anforderungen nicht erforderlich ist und der Weg der Information und Förderung konsequent weitergegangen werden sollte.

Dass durch den Verzicht auf noch strengere Vorgaben die Klimaschutzziele in Gefahr kommen könnten – eine Kritik, die nun nach dem Öffentlichwerden des GEG-Entwurfs laut wird – hält Kuhlenkamp für unbegründet, da der 2012 von der seinerzeitigen Bundesregierung beschlossene Monitoringprozess läuft und nachgesteuert wird: "Es gibt weitere Stellschrauben, an denen man ansetzen kann wie die Sektoren Verkehr, Energiewirtschaft und Landwirtschaft als von Gesetzes wegen nochmals ein paar Zentimeter mehr Dämmung zu fordern." Viel wichtiger wären die Beibehaltung der Förderung und die Motivation von Bauherren und Gebäudeeigentümern durch Information. Bei der Förderung hilft es aus Sicht des ZDB erheblich, dass die Bundesregierung endlich auch den Steuerbonus für energetische Sanierungen beschlossen hat.

Niedrigstenergiegebäude: Was steckt dahinter?

Passivhaus, Nullenergiehaus oder Plusenergiehaus: Der Begriff Niedrigstenergiegebäude kann angesichts der vielen verschiedenen Bezeichnungen, die in den letzten Jahren für besonders energieeffiziente Gebäude verwendet werden, verwirren. Anders als die anderen ist er jedoch politisch festgeschrieben und im Rahmen der EU-Gebäuderichtlinie als Standard vorgegeben für Neubauten im öffentlichen Bereich ab 2019 und für alle anderen Neubauten ab 2021. Die EU-Mitgliedsländer sind am Zug, die Standards jeweils mit konkreten Werten bzw. Effizienzzielen zu füllen. Die EU-Gebäuderichtlinie benennt die Niedrigstenergiegebäude nur sehr allgemein als Gebäude mit einer "sehr hohen Gesamtenergieeffizienz".

Sieht die EU-Gebäuderichtlinie auch vor, dass die Länder in ihren sehr groß gewährten Spielraum dennoch numerische Indikatoren für den Primärenergieverbrauch in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr vorgeben sollen, so lässt dies Deutschland im Gebäudeenergiegesetz aus und beruft sich einfach auf die bereits vorhandene EnEV 2016. Damit gilt die Definition aber nicht nur für Neubauten, sondern entsprechend der EnEV auch für Bestandsgebäude, bei denen größere Renovierungsarbeiten stattfinden und Eingriffe in die Gebäudehülle.

Ähnlich argumentiert auch Deutsche Energie-Agentur (dena) bzw. Vertreter der von der dena koordinierten Initiativen "Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea)" und "Biogaspartner". So heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme, dass das Beibehalten der energetischen Anforderungen an Neubauten vor dem Hintergrund der intensiven und dringenden Debatte um bezahlbares Wohnen akzeptabel sei. "Gleichwohl ist es wichtig, dass die Bundesregierung das Ziel im Blick behält, die Energieeffizienz im Gebäudebereich weiter zu verbessern und den Einsatz von erneuerbaren Energien zur Wärmeerzeugung zu erhöhen", schreiben die Initiativen und mahnen im Gegenzug zu einer Verschärfung der Standards, dass die Fördermöglichkeiten für energetische Optimierungen verbessert werden müssten.

Bereits heute würden die Förderprogramme bewirken, dass etwa die Hälfte der Neubauten energetisch besser ist als gesetzlich vorgeschrieben. "Spätestens ab 2025 sollte ausschließlich so gebaut werden, dass jedes Haus die Energie- und Klimaziele erfüllt", heißt es in der Stellungnahme.

Am Festhalten an den Vorgaben der ENEV 2016 wird allerdings auch klare Kritik laut. Dass das Klimaschutzziel, bis 2050 den emissionsarmen bzw. -freien Gebäudebestand deutlich zu erhöhen, mit den angedachten Maßnahmen erreicht werden kann, ist nur schwer vorstellbar, bemängelt Florian Becker, der Geschäftsführer des Bauherren-Schutzbund. Er befürchtet, dass die Regierung nicht lange an den geplanten Standards festhalten kann und es daher auch keine Planungssicherheit für Bauherrn und Bauunternehmer gibt: "Ein heute gebautes Haus kann unter Umständen schon in drei Jahren energetisch veraltet sein", teilt er mit. Berücksichtige man die hohen Einsparziele im Gebäudebereich bis 2030, könne man bereits heute von einer erheblichen Steigerung der energetischen Anforderungen ab 2023 ausgehen.

Denn die EU hat sich vorgenommen die Klimavorgaben bis 2050 weiter zu verschärfen und den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. So ist es zwar das grundlegende Ziel des GEG, das Energieeinsparrrecht für Gebäude in Deutschland umfassend zu reformieren, indem es die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Energieeinpargesetz und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammenführt. Doch ein Vorankommen beim Einhalten der Klimavorgaben wird auch aus Sicht des Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) nicht gelingen. So teilt BEE-Präsidentin Simone Peter zum aktuellen GEG-Entwurf mit, dass damit kein zusätzlicher Beitrag zum Kilmaschutz im Gebäudesektor zu erreichen sei.

Der Weg des Gebäudeenergiegesetzes

Eigentlich sollte das Gebäudeenergiegesetz (GEG) schon am 1. April 2018 in Kraft treten. Doch daraus wurde nichts und ein Beschluss wurde ohne Angabe auf einen Neustart der Verhandlungen vertagt. Mitte 2019 hat die Bundesregierung erneut die Verhandlungen aufgenommen bzw. haben die beiden federführenden Bundesministerien (BMWi und BMI) einen gemeinsamen Gesetzesvorschlag vorgelegt. Bis Ende Juni hatten die Länder und Verbände Zeit Stellung dazu zu nehmen. Im Oktober 2019 hat das Bundeskabinett den Entwurf beschlossen.

Der Regierungsentwurf bleibt auch hinter anderen Erwartungen zurück bzw. formuliert Ziele nun nicht mehr eindeutig wie die Vorgängerversionen. Waren im Referentenentwurf noch klare Ziele enthalten: Bis 2050 soll der   Gebäudebestand in Deutschland klimaneutral sein und der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte soll bis zum Jahr 2020 auf 14 Prozent steigen. So wurden diese Angaben nun gestrichen zu stattdessen sind nur die "Klimaziele der Bundesregierung" als Formulierung genannt.

An Gebäuden geht derzeit sehr viel Energie unnötigerweise verloren und das, obwohl die energetischen Anforderungen an Gebäude in den letzten Jahren immer mehr verschärft wurden – zuletzt zum 1. Januar 2016 für Neubauten durch Festlegungen in der Energieeinsparverordnung (EnEV). Seitdem müssen neue Wohngebäude einen um 25 Prozent niedrigeren Primärenergiebedarf pro Jahr aufweisen als bisher. Im aktuellen Koalitionsvertrag von Union und SPD ist angekündigt, dass keine weiteren Verschärfungen der EnEV erfolgen sollen.

Gebäudeenergiegesetz: Drei Regelwerke zusammengefasst

Doch nicht nur die EnEV gibt die energetischen Anforderungen für Gebäude vor. Einfluss hat auch das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Letzteres bestimmt, dass Neubauten und Bestandsgebäude der öffentlichen Hand erneuerbare Energien zu Wärmezwecken in einem bestimmten Umfang nutzen müssen. Das sind drei Regelwerke und damit viel Bürokratie, die sowohl Bauherrn, Planer als auch die mit dem Bau beauftragten Firmen kennen und umsetzen müssen.

Auch das wollten die beteiligten Bundesministerien mit dem Vorschlag für das GEG ändern, indem all diese energetischen Anforderungen zusammenfasst werden. Mit vollem Namen heißt das geplante  Gesetz "Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden". Dies ist grundsätzlich der richtige Ansatz, so der ZDB. Allerdings enthält der Regierungsentwurf auch die Aussage, dass als Bemessungsgrundlage für die Gebäudeenergie-Bilanz die DIN 4108-6/4701-10 nur noch bis zum 31. Dezember 2023 angewendet werden darf. Danach soll nur noch nach DIN 18599 bemessen werden. Diese Norm wird allerdings von der Praxis als zu umfangreich, kompliziert und aufwändig angesehen.

Hinzu kommt, dass offensichtlich überlegt wird, bei einer weiteren Fortschreibung, die Anforderungsgröße "Endenergie" umzustellen z.B. auf Treibhausgasemissionen. Der ZDB lehnt auch dies ab, da damit eine Reihe von weiteren Änderungen verbunden wäre, die insgesamt zu einem höheren Aufwand führen würden und "über das Ziel des GEG, den sparsamen Einsatz von Energie für den Gebäudebetrieb, hinausgeht", so Kuhlenkamp.

Und noch einen Aspekt des aktuellen Entwurfs verteidigt der ZDB: § 5, der die Wirtschaftlichkeit von Maßnahme für mehr Energieeffizienz festlegt. Auch das soll noch Thema in der Ressortabstimmung sein. "Wir sind dafür, dass dieser Paragraf unbedingt erhalten bleibt", so der ZDB-Vertreter. Konkret gemeint ist damit, dass sich eine Maßnahme nach einer bestimmten Zeit amortisiert haben muss, d.h. auch wirtschaftlich vertretbar ist. Wenn dies nicht möglich ist, darf von den energetischen Anforderungen abgewichen werden.

Was aus Sicht der Bauwirtschaft helfen soll, dass Bau- und Sanierungskosten auf einer Höhe bleiben, dass überhaupt gebaut und saniert wird, sehen Umweltschutzverbände allerdings als genau die Punkte an, die verhindern, dass der Klimaschutz endlich vorankommt.

Gebäudeenergiegesetz: Weitere geplante Neuerungen

Der Regierungsentwurf zum Gebäudeenergiegesetz stammt vom Oktober 2019 und sieht neben der eigentlichen Zusammenlegung der drei Regelwerke und der Festlegung der Definition von Niedrigstenergiegebäuden unter anderem vor:

  • dass es ab 2026 ein Verbot von Ölheizungen geben soll - inklusive einiger Ausnahmen.
  • dass der Einsatz von erneuerbaren Energien bei der Wärmeerzeugung für Neubauten verpflichtend ist. Dabei kann auch gebäudenah erzeugter Strom aus erneuerbaren Energien, insbesondere Photovoltaik, einbezogen werden.
  • dass Immobilienbesitzer beim Verkauf von Ein- und Zweifamilienhäusern ein informatorisches Beratungsgespräch zum Energieausweis durch einen Energieberater anbieten müssen.
  • dass in Energieausweisen die CO 2 -Emissionen eines Gebäudes verpflichtend ausgewiesen werden müssen und nicht nur der Energiebedarf.
  • dass ein sogenannter Quartiersansatz eingeführt wird. Dieser sieht vor, dass Energieeinsparwerte in einem Quartier - also von alten und neuen Gebäuden gemeinsam - gegeneinander aufgerechnet werden können. Ein neu gebautes Gebäude in einem Quartier mit einer sehr guten Energieeffizienz kann sein Potenzial in Teilen auch auf ein anderes, eher schlecht gedämmtes oder sanierungsbedürftiges Gebäude übertragen. Um die Wirkung dieses Quartieransatzes in der Praxis zu testen, sehen die zuständigen Ministerien eine Frist bis 31. Dezember 2023 vor.

Eine ausführliche aktuelle Zusammenfassung der einzelnen Neuerungen im GEG-Entwurf hat das Ökozentrum NRW erstellt. Hier kann Sie nachgelesen werden.>>>