Recht auf Nacherfüllung Wann Handwerker bei Mängeln nachbessern müssen

Hat ein Handwerker eine Leistung nicht so ausgeführt wie vereinbart, so kann der Auftraggeber verlangen, dass die bestehenden Mängel beseitigt werden. Was dabei rechtlich gilt.

Auftraggeber haben ein Recht auf Mängelbeseitigung, doch dabei müssen sie dem Handwerker immer die Chance geben, dass dieser selbst entscheidet, ob er nachbessert oder die Arbeiten erneut ausführt. - © Stasique - stock.adobe.com

Manche Auftraggeber gehen davon aus, dass sie im Falle einer mangelhaften Werkleistung sofort auf Kosten des Handwerkers Maßnahmen treffen können und den Handwerker von jeglicher weiteren Mitwirkung bei der Mängelbeseitigung ausschließen können. Das ist jedoch eine Fehleinschätzung mit zum Teil schwerwiegenden Folgen.

Jeder Handwerker hat nämlich grundsätzlich das Recht auf eine "zweite Chance". Das bedeutet, dass der Auftraggeber dem Handwerker die Gelegenheit geben muss, den Mangel durch Nacherfüllung bis zum Ablauf einer angemessenen Frist zu beseitigen. Tut der Auftraggeber dies nicht und beseitigt er den Mangel selbst oder lässt den Mangel durch einen Dritten beseitigen, so kann er die hierdurch entstandenen Mangelbeseitigungskosten nicht vom Handwerker ersetzt verlangen (sog. unberechtigte Selbstvornahme).

Mängel beseitigen: Handwerker haben Recht auf eine "zweite Chance"

Ein Handwerker kann die Nacherfüllung jedoch insbesondere dann verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten durchführbar ist. Die Praxis zeigt, dass Handwerker häufig vorschnell von unverhältnismäßigen Mangelbeseitigungskosten ausgehen und daher zu Unrecht die Mangelbeseitigung verweigern. Die Rechtsprechung zur Annahme von unverhältnismäßigen Kosten ist – zum Leidwesen der Handwerker – eher streng.

Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen des Auftraggebers auf eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung mit Rücksicht auf dessen objektives Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand der Mangelbeseitigung unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei der nach dem Vertrag vorausgesetzte Gebrauch der Werkleistung. Auf ein Preis-Leistungs-Verhältnis oder das Verhältnis von Nacherfüllungsaufwand und ursprünglichen Vertragspreisen kommt es daher in der Regel nicht an.

Handwerker trägt die Kosten der Nacherfüllung

Eine Nacherfüllung kann auf zwei verschiedenen Wegen durchgeführt werden: entweder stellt der Handwerker das Werk neu her oder er beseitigt den Mangel am vorhandenen Werk. Das Recht zur Entscheidung darüber, auf welche Weise die Nacherfüllung erfolgt, liegt – anders als beim Kaufvertrag – beim Handwerker. Entscheidet sich der Handwerker für die Neuherstellung, kann er vom Auftraggeber Rückgewähr des mangelhaften Werkes verlangen.

Die zur Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen hat der Handwerker zu tragen. Dazu zählen vor allem Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten. Hierzu können, sofern ein Verbraucher Auftraggeber ist, auch die erforderlichen Aus- und Einbaukosten zählen. Anderes gilt grundsätzlich für sogenannte Sowieso-Kosten, also Kosten für Leistungen, die von Anfang "sowieso" zur mangelfreien Ausführung erforderlich waren, aber nicht beauftragt wurden.

Ferner kann insbesondere auch ein Ausgleich zugunsten des Handwerkers stattfinden, wenn der Auftraggeber durch die Mangelbeseitigung besser steht als bei ursprünglich ordnungsgemäßer Vertragserfüllung – beispielsweise deutlich verlängerte Nutzungsdauer ohne Gebrauchsnachteile; sog. Abzug "neu für alt" – oder der Auftraggeber selbst den Mangel mit zu verantworten hat.

Wann ist das Recht auf eine "zweite Chance" ausgeschlossen?

Das Recht des Handwerkers auf eine "zweite Chance" kann allerdings in den nachfolgenden Fällen auch ausgeschlossen sein:

  • Der Handwerker hat die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert.
  • Der Auftraggeber hat dem Handwerker eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt und innerhalb dieser Frist die Mängel nicht beseitigt wurden. Die Frist ist angemessen, wenn der Handwerker bis zu ihrem Ablauf bei größtmöglichen Anstrengungen den Mangel beseitigen kann. Hat der Auftraggeber eine zu kurze Frist bestimmt, wird dennoch eine angemessene Frist in Gang gesetzt.
  • Die Nacherfüllung ist fehlgeschlagen, weil der Mangel trotz (ggf. mehrfacher) Nacherfüllungsmaßnahmen des Handwerkers fortbesteht.
  • Dem Auftraggeber ist die Nacherfüllung unzumutbar , weil besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der Interessen des Handwerkers und des Auftraggebers das sofortige Geltendmachen eines anderen Mängelrechts als Nacherfüllung rechtfertigen.

In den beschriebenen Fällen ist der Auftraggeber berechtigt, den Mangel auf Kosten des Handwerkers zu beseitigen (sog. Selbstvornahme). Das Recht zur Selbstvornahme verleiht dem Auftraggeber die Befugnis, den Mangel selbst zu beseitigen, beispielsweise durch Einschaltung eines anderen Handwerkers. Die dafür getätigten Aufwendungen kann der Auftraggeber vom Handwerker ersetzt verlangen, aber nur insoweit, als sie zur Mangelbeseitigung objektiv notwendig waren. Das Recht zu Selbstvornahme umfasst auch die Möglichkeit für den Auftraggeber, einen Vorschuss für seine zu erwartenden Aufwendungen vom Handwerker zu fordern.

Alternativ kann der Auftraggeber die vereinbarte Vergütung auch mindern . Handelt es sich um einen erheblichen Mangel, kann er stattdessen sogar vom Vertrag zurückzutreten oder, wenn der Handwerker den Mangel zu vertreten hat, Schadensersatz vom Handwerker verlangen. Anstelle des Schadensersatzes kann der Auftraggeber auch Ersatz vergeblich gemachter Aufwendungen fordern.

Autor: Philipp Scharfenberg, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Melchers Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB; Kontakt: p.scharfenberg@melchers-law.com

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