Zahlen zum Bio-Lebensmittelhandwerk Bio-Brot und Bio-Wurst: Umsatzbringer oder unnötig fürs Handwerk?

Bio-Lebensmittel sind gefragt, aber bislang ist nur jede 50. Metzgerei und nur jede 20. Bäckerei bio-zertifiziert. Eine neue Studie zeigt, welches Potenzial im Bio-Markt steckt und welche Umsätze sich bislang erzielen lassen.

Nina Weiler

Aktuelle Daten zum Ökomarkt: Dank einer groß angelegten BÖLN-Studie der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH liegen nun auch Zahlen zum Bio-Lebensmittelhandwerk vor. - © Racle Fotodesign - stock.adobe.com

Der Biomarkt boomt. Davon profitiert vor allem der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) – sein Anteil an den gesamten Verkaufserlösen für Öko-Lebensmittel macht rund 60 Prozent aus. Anders als im LEH ist bisher jedoch kaum untersucht, wie Bio-Produkte im Lebensmittelhandwerk positioniert sind. Im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) haben Ökomarktexperten der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) nun Zahlen zu Bio-Bäckereien und Bio-Metzgereien erhoben und Bio-Bäcker und Bio-Metzger befragt.

Nur jede 50. Metzgerei und jede 20. Bäckerei ist bio-zertifiziert

Danach gibt es in Deutschland 601 Bio-Bäckereien und Bäckereien mit einem Bio-Teilsortiment sowie 239 Bio-Metzgereien und Metzgereien mit einem Bio-Teilsortiment. Somit ist hierzulande nur etwa jede 50. Metzgerei und etwa jede 20. Bäckerei bio-zertifiziert . Überdies sind die bio-zertifizierten Handwerksbetriebe regional sehr ungleichmäßig verteilt: Wer in Bayern lebt und Bio-Backwaren oder Bio-Fleischprodukte direkt beim Bäcker bzw. Metzger kaufen will, wird am ehesten fündig. Denn mehr als ein Drittel aller Bio-Bäckereien und ein Viertel aller Bio-Metzgereien sind hier zu finden, dicht gefolgt von Niedersachsen mit 36 Bio-Fleischereien und Baden-Württemberg mit 120 Bio-Bäckereien. In Berlin sind es 22 Bio-Bäckereien und acht Bio-Fleischereien, in Hamburg fünf Bio-Bäckereien und zwei Bio-Fleischereien.

Biomarktexperten sind sich allerdings darin einig, dass es insgesamt weit mehr sein dürften. Denn zum einen ist nicht jeder, der Bio-Backwaren oder Bio-Fleischprodukte herstellt und vermarktet, in der Handwerksrolle eingetragen. Zum anderen sind Geschäfte, die neben ihrem konventionellen Angebot lediglich einige Bio-Produkte verkaufen, oftmals nur schwer zu ermitteln. Daher haben die AMI-Experten jeweils 20 Prozent dazugerechnet, woraus sich ein Schätzwert von 721 Bio-Bäckereien und von 287 Bio-Metzgereien in Deutschland ergibt.

Umsatz von Bio-Bäckereien und Bio-Fleischereien sehr unterschiedlich

Laut Zentralverband des deutschen Backhandwerks lag der durchschnittliche Jahresumsatz je Bäckerei 2017 bei 1.256.000 Euro. Nach den Berechnungen der AMI erzielte eine Bio-Bäckerei 2017 im Schnitt einen Bio-Umsatz von rund 650.000 Euro. Die Bandbreite klafft bei den Umsatzzahlen weit auseinander, angefangen von 10.000 Euro bis zu sieben Millionen Euro.  Während 18 Betriebe jeweils bis zu 50.000 Euro pro Jahr verdienten, hatten sechs Bio-Bäckereien einen Jahresumsatz von über 1,5 Millionen Euro. Hochgerechnet auf die Gesamtheit der Bio-Bäckereien ergibt sich daraus ein Jahresumsatz von 469 Millionen Euro im Jahr 2017.

Ähnlich verhält es sich im Fleischerhandwerk: Während eine Metzgerei 2017 im Schnitt einen Umsatz von 1,38 Millionen Euro. erwirtschaftete, beziffert die AMI den durchschnittlichen Bio-Umsatz je Bio-Metzgerei auf rund 470.000 Euro, 2016 waren es 460.000 Euro. Auch im Fleischerhandwerk zeigt sich hier eine sehr große Spanne: Fünf Betriebe verdienten jeweils bis zu 50.000 Euro pro Jahr und drei Bio-Metzgereien kamen auf einen Jahresumsatz von mehr als 800.000 Euro. Hochgerechnet auf die Gesamtheit der Bio-Metzgereien resultiert daraus ein Jahresumsatz von 135 Millionen Euro im Jahr 2017 und 132 Millionen Euro im Vorjahr

Bio-Produkte: Was bringt den meisten Umsatz?

Längst machen Bäckereien und Fleischereien ihren Umsatz nicht mehr allein mit Backwaren oder Fleischprodukten. Das gilt auch für das Bio-Lebensmittelhandwerk, wie aus der AMI-Befragung hervorgeht. Danach machen Brot und Backwaren gut 44 Prozent des gesamten Bio-Umsatzes von Bäckereien aus, gefolgt von Trockenprodukten mit 27 Prozent. Die Bistroeinnahmen sind mit zehn Prozent am gesamten Geschäftsumsatz beteiligt. Außerdem entwickeln sich mehr und mehr Bio-Bäckereien in Richtung Naturkostfachhandel. Alle Produkte des täglichen Bedarfs sind häufig Teil des Geschäftssortiments.

Auch bei Bio-Fleischereien ist eine ähnliche Entwicklung erkennbar: Mit Bio-Fleisch und Bio-Wurstprodukten werden weniger als 60 Prozent des gesamten Bio-Umsatzes erwirtschaftet. Weitere Umsatzbringer – mit jeweils bis zu zehn Prozent am Gesamtumsatz – sind Brot- und Backwaren, Trockenprodukte sowie Molkereiprodukte.

Ein Bewusstsein für Bio-Qualität schaffen

Auch wenn die Datenlage noch lückenhaft ist, können Bäcker und Metzger nun dank der AMI-Studie den Markt und die Konkurrenzsituation deutlich besser einschätzen. Ob sich eine Bio-Bäckerei oder eine Bio-Fleischerei erfolgreich am Markt positionieren kann, hängt nach Einschätzung der befragten Bio-Bäcker und Bio-Fleischer von vielerlei Faktoren ab: Neben dem Bewusstsein für Bio und der Kaufkraft der Kunden zählt insbesondere die Qualität der Produkte.

Die Studie heißt "Mehr Transparenz auf dem deutschen Bio-Markt – Verbesserung der jährlichen Marktschätzung unter besonderer Berücksichtigung des Lebensmitteleinzelhandels und der sonstigen Einkaufsstätten" und kann hier nachgelesen werden.>>>