Attraktive Ausbildung Führungskultur: Wären Sie selbst gerne Azubi in Ihrem Betrieb?

Bei manchen Betrieben stehen die Bewerber Schlange, andere suchen händeringend und vergebens. Was macht Ihr Unternehmen attraktiv für die Handwerker von morgen? Tipps für ein Azubi-Management, das junge Menschen anlockt und bindet.

Kind im Superman-Kostüm
Wenn Azubis stolz auf den Ausbildungsbetrieb sind, dann sind sie motivierter und bleiben dem Betrieb langfristig als gute Fachkräfte erhalten. - © Studio Romantic - stock.adobe.com

"Stell Dir vor es gibt Aufträge ohne Ende, aber es gibt keine Fachleute mehr, die zum Kunden hingehen!" Diese Abwandlung des bekannten Spruchs von Carl Sandberg ("Stell Dir vor es ist Krieg, und keiner geht hin") könnte für manches Unternehmen Wirklichkeit werden. Um die Unternehmenszukunft zu sichern, ist einerseits ein sorgsamer Umgang mit den bestehenden guten Mitarbeitern nötig, aber auch eine ein bewusstes Ausrichten des Unternehmens als strahlkräftiger "Magnet", der frische Nachwuchskräfte anzieht.

Die Ansprüche von Mitarbeitern und auch Auszubildenden an ihren Arbeitgeber sind gestiegen, ebenso haben sich die persönlichen Motive bezüglich des eigenen Arbeitslebens gewandelt. Neben der Bezahlung (als Grundlage) sind die Freude am täglichen Werk, die erlebte Anerkennung durch Chef, Kollegen und Kunden, der Rückhalt und Unterstützung in einem guten Team, das persönliche sich aufgehoben Fühlen, ein konstruktiver, wertschätzender Umgangston untereinander und das Gefühl als Mensch und Individuum wichtig und gesehen zu sein, entscheidend. Das Privatleben steht bei den meisten Menschen an erster Stelle und die persönliche Weiterentwicklung ist ein zentraler Wunsch ("Work-Life-Balance"). Das Unternehmen, in dem man arbeitet, soll die Rahmenbedingungen schaffen, dass Arbeitszeit auch sinnvoll verbrachte Lebenszeit ist. Gelungene Führung heißt hierbei Rahmen schaffen für Entwicklung. Das Eingehen auf persönliche, individuelle Situationen oder Wünsche nach mehr Freiraum sind Gradmesser für Motivation und langfristige Leistungsbereitschaft von Mitarbeitenden.

"Lehrjahre sind keine Herrenjahre." Das war gestern.

Auszubildende wollen gefördert und gefordert werden. Dazu braucht es einen verlässlichen Rahmen, definierte Standards zu Arbeitsabläufen, Arbeitsweisen und Verhaltensweisen. Eine klare Positionierung als Unternehmen ("Wie wollen wir vom Kunden erkannt werden als Firma, worin unterscheiden wir uns positiv von anderen?"), klare schriftliche und ausführliche Vereinbarungen, die für alle gelten und an die sich alle halten können, erzeugen Nachvollziehbarkeit und Fairness, sind Sicherheit gebende Leitplanken für die gewünschte Leistung, an denen alle gemessen werden.

Dann ist auch ein Prämiensystem möglich, das bei besonders guter Leistung zum Beispiel mit einem kostenfreien Firmenauto für einen Monat für Begeisterung und Stolz beim Azubi und für Gratis-Werbung fürs Unternehmen sorgt. Oder die Azubis dürfen einen eigenen Social Media Account (wie Instagram) gestalten und pflegen und so mit ihrem Enthusiasmus und zielgruppengerechter Ansprache neue, passende junge Menschen für den Betrieb begeistern.

Hand aufs Herz: Haben Sie Ihre "Hausaufgaben" als attraktives Unternehmen gemacht?  Wie ist ihr Umgang miteinander? Wie werden Mitarbeitende und Azubis in gemeinsame Ziele eingebunden und darüber informiert? Wie gestalten Sie den Umgang mit Fehlern? Wie werden Anregungen vom Team abgerufen und honoriert? Wann und über was spricht man miteinander am meisten? Nur "wenn’s brennt" oder etwas schiefgelaufen ist oder gibt es regelmäßige Gesprächsrunden mit Austausch über gemeinsame Erfolge und Verbesserungspotenziale? Wie werden Kunden in ein dauerhaftes Rückmeldungs-System (Kundenbefragung) eingebunden, wie wird der Kunde als Motivator eingesetzt und als positiver Verstärker abgefragt?

Mit welchem Gesicht gehen Sie morgens in Ihr Unternehmen?

Stichwort "Stolz"! Mit welchem Gesicht kommen Sie und Ihre Mitarbeitenden morgens in die Firma?  Wie starten Sie gemeinsam in den Tag? Zum Beispiel mit einem gemeinsamen Früh-Frühstück im Betrieb jeden Freitag? Wie ist Ihre persönliche Einstellung zum Kunden und wie hoch die Identifikation mit der eigenen Aufgabe und dem Unternehmen? Fragen Sie mal konkret nach in Ihrem Team und sammeln Sie die Antworten. "Worauf sind wir in unserem Betrieb stolz? Was macht uns aus? Wovon erzähle ich gerne und mit Begeisterung in einer Freizeit, was mein Unternehmen betrifft?" Sie werden erstaunt sein.

Lernen und die eigenen Grenzen erweitern funktioniert ums Doppelte besser, wenn dies in einer guten Beziehung (zum Ausbilder, Chef oder zu den Lieblingskollegen) stattfindet. Wir wissen, dass wir gerne von jemandem lernen und etwas annehmen, den wir sympathisch finden, mögen und respektieren. Die persönliche Annahme und Einschätzung bezüglich des Auszubildenden durch die Führungskräfte und Kollegen prägen, limitieren oder beflügeln den Lernerfolg. Wenn mir jemand etwas zutraut, also Vertrauen in mich setzt, strenge ich mich mehr an, bin motiviert. Diese gute Meinung, die der andere über mich hat, möchte ich dann auch mit guten Taten erfüllen.

Eine negative Einschätzung und entsprechende Äußerungen (auch nonverbal) setzen den persönlichen Lern- und Entwicklungserfolg drastisch herunter. Eine Veränderung von Verhaltensweisen (zum Beispiel der Wunsch, sorgfältiger, sauberer, umsichtiger und freundlicher beim Kunden sein zu sollen) wird beim Auszubildenden erfolgreich und nachhaltig glücken, wenn er erleben kann, dass seine Verhaltensänderung ihm persönlich einen Nutzen bringt (leichteres Arbeiten, weniger Stress) und für gute Resonanz (mehr Lob und Anerkennung vom Kunden und somit auch vom Chef) sorgt.

Würden Sie als junger Mensch selbst bei sich arbeiten wollen?

Überprüfen Sie Ihr Verhalten: Wieviel läuft richtig gut in Ihrem Unternehmen und kommunizieren Sie proportional dazu Anerkennung, Freude, Dankbarkeit? Denken Sie daran, besonders erfolgreich gelaufene Projekte regelrecht zu feiern. Spontane und nicht erwartete Aufmerksamkeiten werden am höchsten als Wertschätzung wahrgenommen: Tankkarten, Restaurant-Gutscheine, Freikarten fürs Stadion, ein ausdrückliches Lob an die Mannschaft in der Besprechung. Sagen Sie Danke, schaffen Sie regelmäßige Treffen, zeigen Sie echtes Interesse für die persönliche Situation von allen Mitarbeitenden, gehen Sie auf persönliche Themen und Belange empathisch ein. Kreieren Sie gemeinsame Rituale, die Ihr Unternehmen positiv prägen und zu einem nicht austauschbaren Ort machen. Schaffen Sie Begegnungsinseln, die für alle zum Auftanken dienen. Arbeitszeit ist auch Lebenszeit!

Zum Abschluss noch eine Übung: Stellen Sie sich vor, Sie bewerben sich selbst in Ihrem Unternehmen. Was gefällt Ihnen daran? Was stößt Ihnen auf? Würden Sie gerne bei sich selbst arbeiten und lernen?

Über die Autorin

Die Spezialistin für Servicekultur im Handwerk und Bestseller-Autorin Umberta Andrea Simonis zeigt zusammen mit ihrem Trainerteam seit 1996 Handwerksunternehmen, wie Mitarbeiterstärkung und Kundenbegeisterung Hand in Hand gehen. In ihrem Podcast "Auf Augenhöhe im Handwerk", in Fachartikeln, Fachbüchern und Webinaren gibt Umberta Andrea Simonis regelmäßig Praxis-Tipps für einen souveränen und stressfreien Kundenkontakt. Ihre Lifehacks für den Umgang auch mit sperrigen Kunden stärken die Fachkräfte im Handwerk und sorgen für mehr Erfolgserlebnisse. 

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