Einigung bei Berufsbezeichnungenen Reformpläne: Streit um Azubi-Mindestlohn und Berufsbachelor

Heißt der Meister bald auch Berufsbachelor? Nicht nur Anja Karliczeks Reformpläne zur Azubi-Mindestvergütung stehen in der Kritik, auch die Abschlussbezeichnungen sorgen für Unverständnis.

Karin Birk

Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) möchte eine Mindestvergütung für Auszubildende einführen. - © underdogstudios – stock.adobe.com

Die Diskussion um die Azubi-Mindestvergütung lässt Margit Hummel nicht kalt: "Wenn eine Mindestausbildungsvergütung von 500 oder 600 Euro kommt, dann bilde ich nicht mehr aus", sagt die Schneidermeisterin aus Friedberg. Schließlich bringe sie Zeit, Können und Einrichtung mit ein. Sie glaubt auch nicht, dass Geld alles ist. "Meine Kolleginnen und ich bekommen deutlich mehr Bewerbungen, als wir ausbilden können." Und das bei einem Lehrlingsgehalt von 275 Euro im 1. Lehrjahr.

Ausgewogene Mindestvergütung

Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) weiß, dass Lehrlinge gerade am Anfang nicht voll einsetzbar sind. Sie weiß aber auch, dass viele Lehrstellen unbesetzt bleiben. "Wir möchten Auszubildenden Wertschätzung entgegenbringen: Sie packen in den Betrieben mit an, während sie gleichzeitig noch lernen", sagt sie: "Ich möchte deshalb im Berufsbildungsgesetz eine ausgewogene Mindestvergütung verankern, die auch der Verantwortung der Betriebe für den Fachkräftenachwuchs Rechnung trägt." In Anlehnung an das Schüler-Bafög für auswärts wohnende Fachschüler hat sie eine Mindestvergütung von 504 Euro für das 1. Lehrjahr vorgeschlagen. Für die Folgejahre soll sie um fünf, zehn und 15 Prozent steigen. Der Gesetzesentwurf wird derzeit zwischen den Ministerien abgestimmt und kommt "in Kürze" ins Kabinett.

Nicht mehr als rund 500 Euro im ersten Lehrjahr

Im Handwerk hätte man darauf am liebsten ganz verzichtet und es weiter den Sozialpartnern überlassen, Vergütungshöhen festzulegen. Doch danach sieht es nicht mehr aus. " Die Mindestausbildungsvergütung ist politisch beschlossen und wird kommen", sagte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer. Entscheidend sei jetzt, dass sie nicht zu hoch ausfällt. "Mehr als die rund 500 Euro im ersten Lehrjahr dürfen es keinesfalls werden." Ansonsten müsse damit gerechnet werden, dass sich vermehrt gerade kleinere Betriebe aus der Ausbildung zurückziehen und somit Lehrstellen verlorengehen. Wichtig sei auch eine dreijährige Übergangsfrist und ein Anpassungsmechanismus abseits des politischen Tagesgeschäfts.

Bei SPD und Gewerkschaften stießen die Pläne der Ministerin auf wenig Gegenliebe. "Die Mindestausbildungsvergütung ist eine Anerkennung für geleistete Arbeit. Sie sollte sich deswegen am Tarifgefüge orientieren und nicht an einer Sozialleistung wie dem Schüler-Bafög", sagte die zuständige SPD-Berichterstatterin Yasmin Fahimi. DGB-Vize Elke Hannak bemängelt, dass Karliczek übersehe, dass Berufsfachschüler vom Bafög keine Sozialabgaben bezahlen müssten, sehr wohl aber Auszubildende. Laut DGB sollte der Azubi-Mindestlohn 80 Prozent der durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütungen betragen und jährlich angepasst werden. Nach den Zahlen für 2017 wären das 635 Euro brutto fürs 1. Lehrjahr.

Schneiderin Hummel hält die Debatte für überflüssig. Wer in der Lage sei, könne schon heute Lehrlingen mehr bezahlen. Andere Betriebe würden künftig dagegen nur noch wenig ausbilden oder es machen wie sie: "Ich biete künftig nur noch Kurse an. Und die kosten dann 70 Euro am Tag."

Unverständnis für Abschlussbezeichnungen

Auf Unverständnis stoßen bei Handwerkern überdies die von Karliczek geplanten Abschlussbezeichnungen "Berufsspezialist", "Berufsbachelor" (für Meister) und "Berufsmaster". Der ZDH hält es für wünschenswert, wenn es Bezeichnungen gibt, die eine Vergleichbarkeit mit akademischen Titeln ermöglichen. "Griffiger" und attraktiver seien aber die Bezeichnungen "Bachelor Professional" oder "Master Professional". Wie Wollseifer der Augsburger Allgemeinen mitteilte, habe man sich mit der Bildungsministerin geeinigt, dass diese Bezeichnungen die herkömmlichen Abschlussbezeichnungen auf den Zeugnissen nur ergänzen, nicht ersetzen. "Es wird also selbstverständlich bei der Bezeichnung wie Meister im Maler- und Lackiererhandwerk bleiben", sagte er. Für den Meistertitel sei der Zusatz "Bachelor Professional" vereinbart. "Beim Betriebswirt hieße es entsprechend Master Professional, beim Gesellen dann Professional Expert", so der ZDH-Präsident.

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